The Human League - Credo
 
The Human League
Credo
PIAS

Wie stellt man sich am besten Electrohelden vor, die 30 Jahre nach einem Meilenstein wie „Being Boiled“ die Popcharts veränderten? Wie klingt eine Band, die in den 80er Jahren Helden waren und mit ihrer Unterkühltheit und ihrer Nüchternheit die Trends bestimmten, statt ihnen nachzulaufen? Genauso wie „Credo.“ The Human League kokettieren mit einer derartigen Selbstverständlichkeit mit dem Charme der 80er Jahre, dass es schon wieder gut ist. Noch immer kann Phil Oakey überhaupt nicht singen, noch immer singt Joanne Catherall um längen besser und noch immer darf sie so gut wie nie singen. Bestenfalls mal irgendwo im Backround. Die Stimme, die dem Hit „Don’t you want me“ die Unsterblichkeit verliehen hat, ist nur als Verstärkung für Phila Oakey angelegt. Immer wenn sie auftaucht ist die Waitress aus der Cocktailbar wieder da. Wohl jeder Popmusikfan der 80er Jahre hat irgendwann einmal über die Nüchternheit der Begegnung der beiden Human League Köpfe gelacht. Dagegen steht die erste Single „Night People“ mit seiner ständigen Wiederholung der Worte „Night People“ in krassem Gegensatz. Aufgepeppt mit ein paar postmodernen Sounds vom Produzenten I Monster schrammt der Song doch meilenweit an jeder Art von Modernität vorbei. Lediglich „Egomianiac“ hätte das Zeug zum Clubhit, allerdings nur als Remix. Doch die Jahre der Clubs liegen bei allen Bemühungen, bei allen Reminiszenzen an die Neuzeit für das Trio Jahre zurück. Mit sonorer Computerstimme singt Phil Oakey sich mit seinem Bariton durch elf teilweise ganz nette Songs ohne besondere Höhepunkte. Erwartet hat man einen Human League Hit natürlich genauso wenig wie ein neues Album. Trotz ihres Comebackalbums aus dem Jahr 2001 hatte wohl niemand mehr auf dem Zettel, dass es sie überhaupt noch gibt, geschweige denn, dass sie noch immer Musik machen. Nein, das neue Human League Album ist ausschließlich etwas für die New Romantics der 80er Jahre, deren Startseite remembertheeighties.com ist und die Meldungen über John Foxx, Vince Clarke oder die Lotus Eaters mit nervöser Neugierde verfolgen. Für Menschen, die zu einem Simple Minds Konzert in Nordseebäder reisen, das letzte OMD Album als Innovation beschreiben, oder zu einem Swing out Sisters Konzert nach London fliegen. Man hat sie lieb diese Menschen und ihre Liebe zur Musik, denn sie führen einem vor Augen, wo die Rosinen in der Musikgeschichte lagen. Dass Human League mit ihrem neuen Album „Credo“ diesen Fans einen großen Gefallen getan haben, ist unbestritten, doch dass auch ihre Denkmal ein bisschen schwankt, müssen sie in Kauf nehmen. Man muss für einen Moment den Zeitgeist abschalten, sich in die Röhrenjeans vergangener Tage zwängen, alte Formel Eins Folgen auf einem Drittverwertungsprogramm einschalten und die pure Nostalgie zulassen. Dann wird man auch auf Credo  etwas entdecken, das einem das Herz erwärmen kann. Bei aller Kälte ihres Sounds.

Als CD und als Download erhältlich
The Human League
Samstag, 16. April 2011