Iron and Wine - Kiss each other clean
 
Einst besuchte ein amerikanischer Journalist, den mit einem imposanten Bartwuchs gesegneten 36-jährigen San Beam zuhause und sagte: „He lives exactly as you hope he would." Nämlich in the middle of nowhere in Texas. San Beam, der gemeinsam mit seiner Schwester das Herz von Iron an Wine bildet, hat sich nur vordergründig der amerikanischen Singer Songwriter Tradition verschrieben. Im Hintergrund ist kurzum zusammengefasst die Hölle los. Verschrobene Breaks im Rhythmus, verzerrte Gitarren, Blass- und andere Orchesterinstrumente machen es absolut unmöglich die Songs jemals zu überhören. Die Welt des Sean Beam ist eine ruhige, aber eine aufregende. Nie experimentiert er wie Tom Waits, nie verlässt er das gemäßigte Fahrwasser. Vielleicht öffnet ihm genau diese Herangehensweise die merkwürdige Schublade „die neue Innerlichkeit,“ in der es sich Mark Everett von den Eels, oder der ähnlich bebärtigte William Fitzsimmons bereits gemütlich eingerichtet haben. Doch in Wahrheit ist der Mann mit der angenehmen Stimme seinem Idol Tom Waits viel näher. Mit seinem, vor drei Jahren erschienen, noch etwas schwerer zugänglichen Album „The Shepherd’s Dog,“ eröffnete er seine eigene „Frank – Triologie,“ mit der Tom Waits in den 80er Jahren der Durchbruch gelang. „Kiss each other clean“ dürfte als zweiter Versuch in die Fußstapfen des Großmeisters zu wandern durchgehen. Doch fair ist der Vergleich trotz aller Liebesbeschwörungen an Tom Waits nicht, denn Sean Beam hat seine ganz eigene Form gefunden klassische Songschreiberkunst mit der freakigen neuen Generation der alternativen Songschreiber zu mixen. „Walking far form home“ ist mit seinem ständig wiederholenden mantra-artigem Gesang so unwiderstehlich genial, wie der schräge Jazzsong  „Your fake name is good Eno,“ oder der mit verrauchten Barjazz eingeleitete Opener „Big burned hand.“ Dagegen ist „Glad man singing“ geradezu klassische Popmusik. Doch das Sakrale, das Freakige, das Ungewöhnliche, schwebt über dem zehn Stücke starken Album. Die Arbeit des Produzenten Brian Deck (u.a. Modest Mouse, Secret Machines, Gomez) ist dabei gar nicht hoch genug zu bewerten, denn in jeder Sekunde hat man Spaß daran all den Instrumenten hinter dem Gesang zu folgen. Eine enorm ausgetüftelte, verschachtelte, schräge und vor allem grandiose Reise in die Welt der modernen Komposition. 

Als CD, Vinylplatte und als Download erhältlich
Iron and Wine
Sonntag, 6. Februar 2011