Jona Steinbach - Alles negieren
 
Jona Steinbach
Alles negieren
Cobretti Records

Erst beim dritten Stück „alles negieren“ eröffnet sich plötzlich die ganze Vielfältigkeit dieser Platte mit dem gleichnamigen Titel. Es lohnt sich übrigens auch ein Blick in das ziemlich schonungslose Video einer wilden Partynacht bei You Tube oder einem Videoführer Ihres Vertrauens zu werfen.
Jona Steinbach, der sich früher einfach nur Jona nannte und als einer der neuen deutschen Indie-Päpste gefeiert wurde entdeckt offen wie nie die Clubmusik in diesem Track. Nicht, dass er damit vollkommen neue Wege geht, aber für einen der sich vor allem dem Kammerpop gewidmet hat, überrascht und befreit der Moment, wenn sich der Casiocomputer zum großen Danceloop aufmacht und antreibt. Clever, dass „Alles negieren“ nur im Refrain diese New Order mässig, treibende Hookline bereithält. Dadurch wird der Track zum Ohrwurm und ist am Ende der Platte dann auch der einzige, der wirklich hängen bleibt. Und doch haben wir beim dritten Stück der Platte bereits tiefe Einblicke in die Seele des Kölners bekommen: „Die Kugel die mich trifft sah ich nicht“ singt er beim ersten Song, der mit diesem wunderschönen Piano beginnt. „ Man war doch viel mehr in den Gedanken verliebt“ singt Jona Steinbach später und beschreibt damit dieses typische Aufbruchsgefühl, das der Frühling mit sich bringt, das an den ersten wirklich warmen Tagen schon nebulöser wird, um in den heißen Sommertagen ganz zu verschwinden.
Immer wieder haben die Texte etwas intellektuelles, so eine Art Studentenpop, könnte man das auch nennen. Damit wird vieles kompensiert, was Jona Steinbach nicht besonders gut kann und dazu gehört ohne Zweifel der Gesang. Am Ende der Platte erinnert man sich eben nicht nur an diesen einen Song, sondern hat das Gefühl, nur diesen einzigen gehört zu haben. Dafür stimmt das Gefühl dieses Albums. Das Feuilleton liebt Jona Steinbach nicht ohne Grund schon vom ersten Album an und das Magazin Intro lobte das Debütalbum "Sich freuen bei 150," damals noch mit Thees Uhlmann von Tomte als eines der besten deutschsprachigen Debüts. Statt der viel beschäftigte Tomte Frontmann ist diesmal Bene Filleböck von Wolke mit im Boot und der hat bekanntermaßen ja einen Sinn für melancholischen Kammerpop. Angefangen hat es für den 26 jährigen BVB Fan (und das bei einem Kölner) mit Akustikaufnahmen im Studio, doch nach einiger Zeit nahmen die Songs immer mehr Popgefühl an. Folk und Akustikgitarre werden auf der Platte immer weiter zurückgestellt. Computer, Streicher und das ganz große Gefühl stehen auf seinem vierten Album mit Mittelpunkt. Die große Popstarkarriere wird der Mann nicht mehr machen, aber genau das lässt ihn so befreit aufspielen. Eine sonnige, eine ehrliche und oft eine gute Platte.

Als CD und als Download erhältlich
Jona Steinbach
Sonntag, 11. April 2010