Elvis Costello -  National Ransom
 

Zuerst eine Gitarre, gespielt vom großen Tom Waits Gitarristen Marc Ribot, und dann beginnt der Rock’n Roll. Elvis Costello in Hochform. Die Rhythmusgruppe bestehend aus Kontrabassist, Schlagzeuger und Backroundsängern. Der Sound zur Eröffnung: schmutzig, wimmernd. Aufgenommen wurde “National Ransom” vor ein paar Monaten innerhalb von nur elf Tagen im Sound Emporium in Nashville und in den Studios von Village Recorders in Los Angeles. An den Reglern saß der legendäre T Bone Burnett. So viel zu den Fakten. Alles beim alten, nur die Besten sind am Werk, würde man denken, doch das täuscht. Beim Cover mit Dollarnote und der Verschwörungspyramide angefangen, und bei den Songinhalten endend, zieht Costello seine wirtschaftlich historische Bilanz. Bilder von Gier und einfachen Menschen, die sich von Tag zu Tag hangeln und dabei noch den „Bailout“ bezahlen – egal ob 1929 während der Weltwirtschaftskrise oder heute im Schatten der Subprime-Problematik treten auf. Noch nie war Costello so politisch. „You hung the moon“ erinnert erstmalig wieder an sein angejazztes Album „North“ und im Text geht es um eine Familienandacht für einen hingerichteten Soldaten. Im sehr ruhigen  “Bullets For The New-Born King” gibt Costello einem Mörder eine Stimme. In dem Booklet befinden sich unter vielen Stücken Jahreszahlen, die es zu interpretieren gilt. Diese Fülle von Statements hat es von dem Engländer selten gegeben. Aber er hat auch seine Songschreiberfähigkeiten wieder entdeckt, die er in den letzten Jahren oft der Konzeptkunst geopfert hat. Viele der Stücke hat er schon auf der Tour ausprobiert. “A Slow Drag With Josephine” ist bei Costellos letzten Konzerten stets ein Publikumsfavorit gewesen. “So wie dieses Stück klang Rock’n’Roll im Jahre 1921,” so sagt der 1954 geborene Costello. In der Tat ist es einer der stärksten Songs der Platte. Wenn der Harmoniegesang im Schlussteil von dem Mandolinenspieler Mike Compton übernommen wird, dann hört man, dass sich da Produzent und Chefdenker Gedanken gemacht haben. Neu ist auch, dass viele bekannte Gesichter zurückgekehrt sind. Sogar von den Imposers sind Davey Faragher und Pete Thomas wieder dabei. Mal sind es nur drei Musiker, mal sind es elf, die gekonnt ans Werk gehen. Im Costello – Burnett Universum ist nichts gesetzt, alles kann passieren, selbst, dass Elvis Costello unter dem Pseudonym Howard Coward auftritt. „National Ransom“ ist ein raues, aber auch feinfühliges Album geworden, mit so schönen Stücken, wie es sie aus seinem Mund seit Jahren nicht gegeben hat.
 
Als CD, LP und als Download erhältlich
Elvis Costello
Sonntag, 7. November 2010