Edgar Knecht - Good morning Lilofee
 
 “Sylt bei Minus 15 °, das Meer gefroren, der Blick nach Norden des Königs Buhle.” 
Diese Worte benutzt der Kasseler Jazzpianist Edgar Knecht als Beschreibung für sein Stück “Thule.” Es ist eine wunderschöne, virtuos gespielte Jazzballade, die das Herz erwärmt und doch nie dem Kitsch verfällt. Edgar Knecht als Tastenvirtuose zu beschreiben ist sicher nicht falsch, denn wenige Jazzmusiker aus unserem Land kommen an seine herausragende Leistung an den Tasten heran. Bewundern aber, muss man ihn für etwas ganz anderes. Für seinen Mut. Er hat sich auf seinem neuen Album “Good morning Lilofee” dem fast vergessenen deutschen Volkslied gewidmet. 
Lilofee heißt übrigens die Hauptfigur im Volkslied “Es freit ein Wilder Wassermann.” Es soll als Sinnbild für all die vergessenen Lieder aus der Kindheit dienen. Mit nur zwei Eigenkompositionen ist eine CD entstanden, die so souverän zwischen Jazz und Weltmusik hin und her manövriert, dass man kaum glauben kann, welche Kraft aus Liedern wie “Froh…(zu sein bedarf es weinig”) oder “Schlaf Kindlein schlaf” zu holen ist. Da wird der alte Kanon, wie Edgar Knecht es ausdrückt “ im afrikansichen 6/8 mit deutschem ¾ im Freudentanz gespielt” oder mit Begeisterung die unglaubliche Geschichte vom Kuckuck erzählt. Das alles am Piano, begleitet von einer unglaublich brillant spielenden Band. Allein für den Kontrabass bei “Maria (durch ein Dornwald ging)” lohnt es sich eine sündhafte teure Anlage anzuschaffen und staunend vor den Boxen zu verharren. Es könnte einem die Tränen in die Augen treiben. Edgar Knecht spielt dieses Lied für seine verstorbene Schwester, da es ihr Lieblingslied war. Man kann sich geradezu vorstellen, wie diese Lieder in der Kindheit mitgesunegn und gespielt wurden. Edgar Knecht möchte mit den Neukompositionen die Lieder aus ihrem Dornröschenschlaf erwecken, und um in der Märchensprache zu bleiben ihnen ein zauberhaftes neues Leben schenken. Diese Aufnahme hinterlässt Spuren und bleibt auf der ganzen Welt nicht ungehört. Schon bei der Uraufführung bekam Edgar Knecht eine Einladung zum Internationalen Jazzfestival in Havanna, wo er Anfang 2009 von einem Weltpublikum stürmisch gefeiert wurde. "One of the most important musicians presented at the Jazz Festival Havana 2009!" schwärmte Jorge Alvarado vom "Instituto Cubano de Radio y Televisión" in Havanna nach dem Auftritt. Ach, was wäre das für ein Musikunterricht, wenn man diese Lieder so lange spielen und singen würde, dass sie irgendwann da ankommen würde, wo Edgar Knecht am Piano einsetzt und die Schule rockt? Es bedarf manchmal so wenig, sich als König zu fühlen.

Als CD und limitierte LP erhältlich
Edgar Knecht
Samstag, 24. Juli 2010