Eels - End times
 
EELS
End Times
Cooperative Music

Irgendwo hinten links, in der großen Lagherhalle steht ein Mann mit Vollbart. Er hat eine Gitarre dabei und um ihn herum stehen ein paar weitere Instrumente. Der Hall von den kalten kahlen Wänden lässt das ungute Gefühl aufsteigen, dass hier jemand um sein Leben singt. So, als würde man ihn das letzte Mal hören. Ein letztes Gurgeln, der letzte lange Atemzug. Die Musik der Kriechkälte könnte man das nennen. Sind das die Glückstage in der Hölle für Mark Oliver Everett, die nun schon vergangen sind und nur noch zu Höllentagen geworden sind? So, wie in seiner brillanten Biographie, in der der Eels Sänger beschreibt, wie die Musik sein Leben gerettet hat? Mark Everett gewährt uns das erste Mal so deutlich wie nie einen Einblick in seinen Kosmos. Da ist der brillante Quantenphysiker, der Vater, der stirbt und im Tod eine der wenigen Male von seinem Sohn berührt wird. Gesprochen wurde selten mit dem jungen Mark Everett. Seine Schwester, an Drogensucht erkrankt und in den Suizid getrieben hat die Rettung nicht in John Lennon Platten im schwarz gestrichenen Jugendzimmer gefunden. Sie hatte keine Träume, sie fand keinen Ausweg. Das Leiden wurde übermächtig. Mark Everett ist das Kunststück gelungen Kindheit, Jugend und erbärmliches Erwachsenendasein irgendwie in Kreativität umzusetzen. Sieben mal gelang ihm das auf vollkommen unterschiedlich klingenden Alben. Berührend sind die Eels Platten alle. Mal musste geschrieen werden, mal herzzerreissend schön gesungen und mal musste geheult werden wie ein Wolf, auf dem Album „Hombre Lobo,“ das erst im letzten Jahr erschienen ist und in seiner Härte viele Fans verschreckte. Der Wolf, der als Metapher immer wieder kehrt, scheint der treue Begleiter des Everett geworden zu sein. Scheinbar der einzige, denn „End Times“ erzählt die Geschichte einer vergangenen Liebe. Das Ende einer Beziehung. Das Ende seiner Beziehung. Das Ende von allem? Wenn Mark Everett bei „In my younger days“ „I just need you back „ singt, dann klingt das so reduziert, verzweifelt und ergreifend, dass man den Klos im Hals größer werden spürt und das Ende näher kommen sieht. Ja, diese Platte ist eine düstere Angelegenheit, die nicht einmal 40 Minuten andauert. Der Anfang ist fast viel versprechend. „In the beginning“ ist der Rückblick auf das Kennenlernen. Wie sie damals - sie im Cocktailkleid - er im Jackett von der Party verschwanden, nicht wussten wohin mit sich, die Nacht immer kälter wurde, der Morgen kam, die Sonne schien und sich alles wundervoll und frei anfühlte. Eben, „in the beginning.“ Es ist schon der melancholische Gesang, all die Molltöne in der Musik und die schmale Instrumentierung, die einen ahnen lässt, dass das nicht so weiter geht. Hier gibt es kein Happy End. Auch musikalisch nicht. Abgesehen von zwei einfallslosen Bluesstampfern ist der Rest der Platte ruhig, emotional, magisch und reduziert. Schon die Titelnamen sprechen für sich. „Gone man,“ „End times“ oder „I need a mother.“ Das Album könnte die Fortsetzung seines Buches sein. Wo er sich mit „Hombre Lobo“ noch deutlich von jedem autobiographischen Grundgefühl bewusst getrennt hat, ist „End Times“ das Gegenteil. Als hätte er nach den „Glückstagen in der Hölle“ noch etwas vergessen zu sagen, als hätte er seine Geschichte noch nicht Zuende erzählt. Es sind im apokaylptischen Titel „End times,“ die privaten Dramen gemeint. Das Ende der Welt findet im eigenen Kosmos statt. Wieder die mangelnde Kommunikation, die Misskommunikation, die Unmöglichkeit der Kommunikation. Hier ist einer, der so oft im Leben gescheitert ist und so großes daraus erweckt hat, dass er zum Idol der Geschlagenen und Verzweifelten geworden ist.

Als CD, Deluxe Version mit 4 Bonustracks, Download und als Vinlyplatte erhältlich.
Eels
Samstag, 23. Januar 2010