The Felice Brothers - Celebration Florida
 
The Felice Brothers
Celebration Florida
Loose Music

Das letzte Album der beiden Felice Brüder, Ian Felice und James Felice „Yonder ist the clock,“ hat mich persönlich sofort in seinen Bann gezogen. Eine atemberaubende Mischung aus Folk, Americana, Country und Rock. Immer das brillante Songwriting im Vordergrund, das an den jungen Bob Dylan erinnerte. Mit einer nöligen, leicht brüchigen Stimme drehte ihr Album sich monatelang auf meinem Plattenspieler. (Ja, dieses Album gab es, genau wie „Celebration Florida,“ als sehr hochwertige Vinylpressung). Mit dem neuen Album verhält es sich anders. Überraschend anders. Das präzise Songwriting, ist einer düsteren Produktion gewichen. Gesungen oft nuschelnd, oder mit einem Effekt versehen, der die Hooklines nicht mehr so zugänglich macht wie auf den vergangenen Alben. Für ihr neues Werk haben die Brüder sich mit ihrer Band, wie schon zuvor, in einem umgebauten Hühnerstall im entlegenen Bundesstaat New York in der Nähe ihrer Heimatstadt Palenville zusammengefunden. Doch es gab zu viele Ideen, zu viele Instrumente, zu viele Soundvorstellungen. Der Ort war zu klein, vielleicht auch zu provinziell. Die Band wich in ein Theater und eine  Bücherei der Beacon High School, NY aus. Hier ging es experimentierfreudig zu: Jede Menge (Rave-)Beats, Soul, heftige Basslines, unheimlicher Acid-Jazz, der ansteckend und mystisch zugleich ist. Immer wieder werden psychedelische Sounds eingebaut und doch hört man jene magischen Dylan-Momente, die die Felice Brothers auch diesmal wieder ausmachen. Sie kommen eben von der Straße und aus den U-Bahn-Stationen von New York City. Diese urbane Nähe ist plötzlich spürbarer als jemals zuvor. Vorbei ist es mit der Woodstockromantik ihrer Heimat. Die Suche nach neuen Wegen und Ausdrucksmöglichkeiten, etwas vollkommen Eigenständiges auf den Weg zu bringen, steht im Vordergrund. Ihre Songs handeln jetzt vom Tod, den verworrenen Wegen der Liebe, vom Trinken, von einem Honda Civic oder von Oliver Stone. Dieser schleppend langsame und traurige Pianoballade war mit all seiner Ruhe und Intensität zunächst mein persönlicher Favorit. Doch dann entdeckte ich die Vielschichtigkeit. Eben noch waren die Felice Brothes Country, dann bauen sie knackige, leicht schräg gespielte Bläsersätze ein. „Honda Civic!“ wird zum Soul. „Ponzi,“ zu dem es auch ein toll gemachtes Video gibt, wird von einem langsam anrollenden Stück zu einem Festival Sing-a-long, den man der Band gar nicht zugetraut hätte. In den Köpfen der Brüder muss es vor Ideen nur so wimmeln, die darauf warten umgesetzt zu werden. Solange der Hang immer ein bisschen neben der Spur zu musizieren, die Gitarren ein wenig zu verstimmen und mit dem gradlinigen Rhythmus zu brechen, muss man dieser Band eine ungeheure Langlebigkeit voraussagen. „Celebration, Florida“ ist eine Phase, eine Momentaufnahme, ein Schritt in ein unbekanntes Land, dem man folgen sollte.
Als CD, auf Vinyl und als Download erhältlich
The Felice Brothers
Dienstag, 28. Juni 2011