Stuart A. Staples
Leaving Songs
 
Stuart A. Staples
Leaving Songs

Wie sich Gerüchte manchmal verselbstständigen können: Nach dem wunderschönen letzten Stuart A Staples Album „Lucky Dog Recordings 03-04“ hat der Tindersticks Künstler angeblich zwei weitere Soloalben geplant. Wie die Gerüchteküche es wollte, sollte es ein Gemeinschaftswerk mit Staples und Kurt Wagner, seines Zeichens der kreative Kopf von Lambchop, werden. Die Wahrheit liegt mal wieder dazwischen: Der Produzent von Leaving Songs, dem neuen Stuart A Staples Album, heißt Mark Nevers und der hat schon Lambchop und auch Calexico produziert. Knapp daneben, liebe Gerüchteküche! Kein Gerücht dagegen ist, dass es den Mann mit der tiefen Stimme und den nie enden wollenden großen Melodien, mit seinen Musikern nach Nashville verschlagen hat. Dass diese kleine Meldung eine so große Wirkung hat, konnte man ja nicht ahnen. Klang „Lucky Dog Recordings“, im eigenen Studio produziert noch sehr zurückgenommen und fast spartanisch, erinnert uns „Leaving Songs“ mehr als deutlich an die frühen Tindersticks Platten. Stuart A Staples hat die Lässigkeit und die Melancholie für sich gepachtet. Er zählt vollkommen abseits von jedem Trend zu einem Trendsetter in seinem Genre. Seine Traurigkeit, seine Düsternis und auch sein hintergründiger Humor, wird sonst nur von Nick Cave zelebriert. Die Unterschiede von der letzten zu dieser Platte - und dazwischen liegen nur ein paar Monate - wird schon gleich beim ersten Song deutlich. „Goodbye to old friends“ ist für Stapels Verhältnisse geradezu ein Pophit. Er treibt die Streicher wieder und wieder mit seinem Gesang an, gibt ihnen eine neue Richtung und vereint sich im Finale mit ihnen. Stuart A Staples ist einer der wenigen Musiker, der klassische Elemente mit modernem Songwriting verbinden kann. Das klingt lässig, überlegen und in keiner Sekunden peinlich oder gewollt. Als hätte Staples Klassik studiert und sich aus dem Korsett befreit. Wie ein Dirigent im schwarzen Anzug thront er vor seinem Orchester, man kann ihn fast dirigieren hören, man kann spüren, wie ernsthaft er seine Kunst betreibt und mit welcher Kraft die Traurigkeit und die Mollakkorde ihn beherrschen. Fast bekommen sie die Übermacht und machen mit ihm was sie wollen, doch der Hörer merkt es kaum, denn der Mann hat Stil und lässt keine Blösse zu. In den großen Momenten werden Frauen zur Verstärkung herangezogen. Die fast schon vergessen Maria McKee tritt ganz unverhofft bei „This road is long“ neben den Zeremonienmeister und singt so herzzerreissend, wie zuletzt bei Lone Justice in den späten achtziger Jahren. Kurz bevor sie einen Nervenzusammenbruch hatte und ihre letzte Tour mit der Band absagte. Hier lässt sie sich treiben, ringt um ihren Platz, vereint sich stimmlich mit dem großen Stuart A. Staples und zelebriert die hintergründige Kunst des Meisters. Doch „This road is long“ ist nichts gegen „That leaving feeling“. Stuart A Staples ist der geborene Duett- Sänger und er hat es noch nie so gut hinbekommen, wie gemeinsam mit  Lhasa de Sela. Der Düstere Mann hat eine Gabe Frauen zu sich ins Studio zu bitten, die drohen ihm die Show zu nehmen. Lhasa de Sela ist so eine Wundersängerin. Sie kommt aus einem Hippieelternhaus und lebt das Leben unterwegs. Halb Mexikanerin, halb Kanadierin findet sie sich im Chanson wieder. Zwei Alben hat sich inzwischen auch in Deutschland veröffentlicht. „The Living road“ und das spanische Album La Llorona sind schwer zu finden, aber dank Internet kann man Glück haben, das braucht man auch nach diesem Duett. Sie passt zu Stuart A. Staples und man würde sich ein ganzes Album wünschen, doch während man diesem wunderbaren Gedanken noch nachhängt, legt Stuart A Staples noch eine Schippe drauf. „Already gone“ und hinterher der Zeitlupen- Country „This old town“ mit Besen und hypnotischen Gesang. Doch was wird nun aus den Tindersticks? Auf der Homepage der Band ist ein neues  Album für Frühjahr 2007 angekündigt, es gibt also keinen Grund zur Panik. Nimmt man es mit den Texten auf dieser CD mit dem sehr gewöhnungsbedürftigen Cover übrigens genauer, so könnte diese Platte auch eine Abschieds CD sein. Abschied ohne Neuanfang, ist das ständige Thema des Crooners und wenn die wundervolle Lhasa von Abschied singt, dann hat das noch einen weiteren Aspekt der Hoffnungslosigkeit:  „We all have dreams of leaving / We all wanna make a new start“ Künstlerisch wird das für Stuart A Staples kein Problem sein, denn Bewegung ist sein Motor in der Melancholie.
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