Wenn man sich eine musikalische Wundertüte basteln würde, in der einfach nie die Melodien ausgehen würden und in deren Inhalt sich so viele Instrumente, Ideen und unterschiedliche Stile befinden würden, dann wäre diese Wundertüte ganz dicht an dem, was My Morning Jacket aufgenommen haben. In England und Amerika wurde diese Platte bereits in den höchsten Tönen gelobt und mit den größten Ehren ausgezeichnet. Gerade bei den Amerikanern, die nach dem Tod von Jerry Garcia noch immer dem Ende von Grateful Dead nachtrauern, muss diese Platte einen Orkan ausgelöst haben. Wer nun aber glaubt, es handle sich um eine neue Hippiekommune, nur weil das Cover auch nicht gerade etwas anderes aussagt, der täuscht sich oder macht es sich bei diesem kleinen Wunderwerk zu einfach. Es wäre eben keine Wundertüte und das würde die Fans von psychedelischen Songteppichen und Prog Rockanleihen verschrecken. Was vorbei ist ist vorbei und das gilt vor allem auch für My Morning Jacket. Wer Vergleiche nach dem countryesken und romantischen „At dawn“ aus dem letzten Jahr ziehen möchte ist hier genauso verloren, wie bei Vergleichen mit konventionellen Rockbands. Das ist eben das spannende an „Z“. Natürlich wimmelt es von fantastischen Melodien und Einfällen, doch das besondere an dieser Platte ist die Produktion, für die die Legende John Leckie verantwortlich ist. Er ist ein alter Meister, der sein Handwerk in den legendären Abbey Road Studios erlernte und der seit 1970 von den Großmeistern des Rock, bis zu den Independent Helden einfach alles produzierte, was Rang und Namen hat. Angefangen mit John Lennon und Pink Floyd über Soft Machine, Radiohead, Roy Harper, XTC, Felt bis zu The Fall. Natürlich hat dieser Mann den Kopf voll mit Ideen, mit Einflüssen und mit Schrägheiten. Für My Morning Jacket war er der richtige Mann am richtigen Regler, denn fast hätte es diese Band aus Louisville in Kentucky gar nicht mehr gegeben. Nach dem Ausstieg von zwei Mitgliedern standen My Morning Jacket nämlich plötzlich nur noch zu dritt da. Die Optionen waren, als Trio weiterzumachen, aufzuhören oder nach neuen Leuten zu suchen und das letztere haben sie dann auch getan. Vielleicht spielen sie deshalb so auf, als würden sie um ihre Leben spielen und als hätten sie sich noch einmal mit der gesamten Musikgeschichte auseinander gesetzt. Dabei werden sie eine wichtige Erkenntnis gehabt haben. Alle Bands, die nicht zuletzt auch von ihrem neuen Produzenten zu dem gemacht wurden, was sie in den Rocklexika moderner Bibliotheken darstellen, hatten vor allem Mut und haben Konventionen gesprengt. Die erste Barriere die fiel, war das Leben mit der typischen Länge eines Popsongs. Bei My Morning Jacket gibt es achtminütige Reisen durch die Melodien und in die Vergangenheit. „Off the Record“ ist so ein Stück was vom elysischen Popsong bis an die Strände der Westküste reicht, wo auch Jim Morrison schon durch seinen Rausch marschierte und in dem wir plötzlich auch einen Todd Rundgren wiederentdecken könnten. Wer eine schöne Plattensammlung zu hause hat, wird animiert all die großen Schätze wieder auszukramen. Hat man sich gerade noch in den siebziger Jahren befunden, wird man mit einem sirren und pfeifen direkt in die Neuzeit katapultiert und vor ungewöhnliche Rhythmusideen von „Wordless Chorus“ oder „It beats for you“ geschleudert. Wenn dann der Walzer „Into the woods“ erklingt, gehen einem die Ideen aus zu beschreiben was man alles hört und wiedererkennt. So geschichtsträchtig diese Platte auch sein mag, so sehr wir uns auch an alte Helden erinnert fühlen. My Morning Jacket sind alles andere als Old fashioned. Im Gegenteil, sie reihen sich in eine neue Form der Kreativität ein, die wir zuletzt von Arcade Fire in Perfektion gehört haben. Auch in zehn Jahren werden wir diese Platte noch mit Begeisterung auflegen und denken: “Ach guck mal, so war es damals, als die Bands wieder kreativ wurden“.
My Morning Jacket
Z
My Morning Jacket
It still moves
Arcade Fire
„The Funeral“
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