Mark Knopfler and Emmylou Harris
All the roadrunning
 
Mark Knopfler and Emmylou Harris
All The Roadrunning 

Wenn die Entstehung eines Albums mehrere Jahre dauert, dann wird das gerne erwähnt, denn es ist immer ein Zeichen dafür, dass es da ein Künstler mit seinem Werk sehr ernst nimmt.  Einem Peter Gabriel verzeiht man es gerne, wenn die Arbeiten an einem neuen Album fünf oder sechs Jahre dauern, denn am Ende bekommt man eine CD in die Hände, die an Brillanz und Einfallsreichtum nicht zu schlagen ist. Im Falle von Mark Knopfler und seiner Countrypartnerin Emmylou Harris hat die Arbeit vor sieben Jahren begonnen. Es gibt zwischen Knopfler und Peter Gabriel aber einen entscheidenden Unterschied. Der 
ehemalige Dire Straits Boss ist ein Session Musiker, wenn auch in dieser Zunft ein Perfektionist. Er schüttelt Songs aus dem Ärmel und gibt sich vor allem immer dann Mühe, wenn die Produktion aufs Handwerk trifft und zeigt sich engagiert, damit jedes Instrument möglichst authentisch klingt. Das verbietet natürlich jede Art von Experiment und führt 
irgendwann unweigerlich in die musikalische Tradition. Tatsächlich wird Mark Knopfler von Platte zu Platte immer traditioneller und reiht sich damit in die Riege von Gitarristen wie Eric Clapton oder Chris Rea ein, die ihre letzten Lebenszeichen dem Blues widmeten. Auch  für Mark Knopfler wäre das ein gangbarer Weg gewesen, doch er hat sich für eine andere Tradition entschieden, die einem Engländer auf den ersten Blick nicht so nahe liegt, wie der Blues. Er wandte sich dem Country zu, der ja zur Zeit dank „Walk the Line“ und Van Morrison, tatsächlich einen Boom bei Jung und Alt erlebt. Mark Knopfler aber eines Trends zu bezichtigen, muss jedem ernsthaften Musikfan fern liegen. „All the Roadrunning“ ist viel mehr das Ergebnis einer langen, aber dafür sehr unkomplizierten Arbeit. Emmylou Harris und Mark Knopfler trafen sich nach einer TV Sendung zu Ehren der Gitarren - und Nashvillelegende Chet Atkins, mit dem sowohl Mark Knopfler, als auch Emmylou Harris eine tiefe Bewunderung und eine Zusammenarbeit, in ihrem künstlerischen Schaffen verbindet. Ganz offensichtlich trafen hier zwei Musiker aufeinander, die vom ersten Moment an harmonierten. Man traf sich im Studio, um Duette für ein Hank-Williams-Tribute einzuspielen. Weil ihre Begegnungen stets konstruktiv verliefen und der ehemalige Dire-Straits-Chef aus dem schottischen Glasgow und die American-Sängerin aus Birmingham in Alabama bald merkten, dass sie auf einer Wellenlänge funken, entstand die Idee eines gemeinsamen Albums. Es lag an ihren Terminkalendern, dass wir die gemeinsamen Stücke nicht eher hören konnten. War Mark Knopfler auf Tour, traf er sich spontan mit Emmylou Harris zu einer Studiosession, nahm ein paar Stücke mit ihr auf und verschwand wieder. So ging es sieben Jahre lang, mit dem Ergebnis der vorliegenden Platte „All the roadrunning“. Es ist das erste mal das Mark Knopfler ein komplettes Album im Duett singt und es schien eine besondere Herausforderung gewesen zu sein. Knopfler nahm seinen Job sehr genau, denn am Ende der 12 Songs kann man nicht mehr sagen, welche Stimme man mehr gehört hat. Auch wenn die meisten Songs aus Knopflers Feder stammen und sein Gitarrenspiel natürlich unverwechselbar bleibt, selbst wenn er es auf diesem Album eher sehr zurückhaltend zelebriert, ist „All the roadrunning“ am Ende doch mehr ein Mark Knopfler Album als eine Emmylou Harris Platte. Das mag natürlich auch an Songs wie dem Opener „Beachcombing“ oder „This is us“ liegen, die beide an die Dire Straits erinnern. Besonders zu Beginn fühlt man sich an Brothers in Arms erinnert oder bei „This is us“ an „Calling Elvis“ . Natürlich hat Emmylou Harris diese voluminöse und beeindruckende Stimme, die für sich alleine schon alles ausdrücken kann, doch im Duett mit Mark Knopfler, entfernt sie sich überraschenderweise ein Stück mehr vom Country. Wenn die starken Momente doch auch in den klassischen Countrysongs liegen, wie „Red Staggering“, bei dem man das Südstaatenfest 
geradezu riechen kann. Die zwölf Stücke halten sich zwischen leichtem Uptempo und Balladen die Waage, auch wenn Mark Knopflers Stärke in den Balladen liegen. So ist das abschließende "If This Is Goodbye" neben „Beachcombing“ der Klassiker der Platte, der als Liebeslied zu tränen rühren kann. Es ist das Zitat des Schriftstellers Ian McEwan (Saturday). Er schrieb kurz nach den Terroranschlägen des 11. September über die Anrufe, die aus den Twin Towers in New York abgingen und in denen die vom Feuer bedrohten Menschen ihren Angehörigen ein letztes Lebewohl schickten. Wenn Emmylou Harris und Mark Knopfler mal die Strophen alleine singen, sich dann im Refrain treffen und Knopfler dazu seine fantastische Gitarre spielt, dann hätte man sich schon mal früher eine Zusammenarbeit gewünscht, als sie vielleicht beide noch nicht ganz so traditionell musizierten.
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