Duncan Sheik
White Limousine
 
Duncan Sheik
White Limousine

Zoe Records /In-Akustik

In den Wochen, in denen sich alles nur um Fußball dreht, muss es erlaubt sein, auch in der Musik Metaphern zu bemühen. Schließlich nennt man das, was Duncan Sheik mit seinem neuen Album „White Limousine“ macht, „Nachtreten“. Nachdem er Mitte der neunziger Jahre mit einem sehr komfortablen Plattenvertrag bei einem Branchenriesen ausgestattet wurde, der ihm fünf Alben garantierte, hat es ihn nun zu einer kleinen amerikanischen Plattenfirma verschlagen. Dankenswerter Weise übernimmt hierzulande der Soundspezialist „In-Akustik“, die eigentlich für hochwertige Boxenkabel stehen, den Vertrieb und die Unterstützung dieses Songschreibers aus New Jersey. Warum man nun von „Nachtreten“ spricht, ist schon beim ersten Song „Hey Casanova“ klar und endet mit dem Bombast des letzten Stückes „Hymn“. Was auf dieser Platte an Streichern und Fender Rhodes durchs Studio getrieben wurde, grenzt schon an Verschwendung. Ironischerweise macht Duncan Sheik mit diesem Album genau das, was sich die Herren bei „Warner Brothers“ immer gewünscht haben. Ein charttaugliches Album für eine erwachsene Zielgruppe. Eine neue Figur, die auf Tour gehen kann, wenn James Blunt wieder nach Hause oder an die Front muss. Natürlich hätte Duncan Sheik das Zeug dazu, doch die ersten fünf Platten und allen voran das erste Album, das schlicht mit Duncan Sheik betitelt wurde, zielten in eine ganz andere Richtung. Die erste Platte mit Songs wie „She runs away“, „Days go by“ und dem heimlichen Hit „barely breathing“ wurde mit Lob überhäuft, hier war vom neuen Nick Drake die Rede. Wenn das auch ein bisschen zu hoch gegriffen war, so bewies Duncan Sheik mit seinen nächsten Alben doch, dass er eine verlässliche Größe in Sachen Songwriting ist. „White Limousine“ ist nun irgendwie ganz anders geworden und es ist doch eine typische Duncan Sheik Platte herausgekommen. Musikalisch holt der Buddhist und kritische Amerikaner alles heraus, was sein Songwriting in Richtung Charts katapultieren könnte. Eines nämlich ist Gewiss: Duncan Sheik versteht nicht, warum andere in seinem Fach erfolgreich sind und er nicht. Es mag am Songwirting liegen, aber das ist es auch genau, was ihn so interessant macht. Auch die zwölf Songs auf seinem neuen Album „White Limousine“ sind alles andere als Ohrwürmer. Da helfen auch bombastische Breaks, Cellos und Geigen nichts - leider. Schließlich hört man nicht alle Tage 3 Cellos und ein ganzes Violinenorchester auf einer Popplatte und bei dem großen Finale „Hymn“ sogar das London Session Orchestra. Hier wird geklotzt und Duncan Sheik schwankt zwischen Beobachter und Prediger. Die emotionalen Liebeslieder sind auch zu finden, „Hymn“ gehört sicherlich zu den schönsten. Es ist das Stück einer aufgehenden Liebe, die fast schon an die Schöpfergeschichte erinnert. Nach fünf Minuten übernehmen die Streicher das Stück und Duncan Sheik schweigt andächtig. Das alles hat etwas bombastisches und schönes zugleich und es ist das Ende einer eher kritischen und alltagsbezogenen Platte. Eine Platte, die sich mit Amerika und den Zivilisationsproblemen beschäftigt. „Shopping“ ist ein Zeigefingersong, doch er hat auch etwas ironisches mit Sätzen wie "If you're searching my soul, come check out my chains of gold. Grab your purse and let's go shopping". Die Art der Texte erinnern häufig an Aussagen in einem Interview, in einem Buch oder einem Gedicht. Duncan Sheik würde gerne vieles sagen, bleibt aber manchmal zu sehr an der Oberfläche. Seine kritische Meinung zum Krieg verleiht er nur augenzwinkernd einen Song: „Land“: I‘m worried about the world, I‘m worried too about a girl, but that‘s nothing new, and there‘s too much else to do“. Das ist ehrlich und gut, aber für einen Weltverbesserer zu wenig. Auf seiner Website heißt seine Discographie auch „List of Sins“ und doch hat man  ständig das Gefühl, hier kokettiert jemand mit Bescheidenheit. Am Ende der zwölf Songs muss man sagen, „White Limousine“ hat die starken Momente in den Songs über die Liebe. I don‘t believe in ghosts“ und vor allem „I wouldn‘t mind“, mit der für diese Platte schon spartanischen Instrumentierung, sind die Glanzlichter auf dieser Platte. Wer übrigens Interesse hat, sich die Songs in mit einer ganz anderen Produktion anzuhören, der sollte einmal die Extra CD in sein CD Rom - Laufwerk legen. Hier ist jeder Song in seine einzelnen Spuren zerlegt worden und vielleicht gibt es irgendwo auf der Welt ja jemanden, der aus Duncan Sheiks Songschreiberkunst endlich einen Hit zaubern kann.
Ähnliche Tipps vom Plattenfreund: